Zur frohen Aussicht

Ausstellungen ⭔ Zur frohen Aussicht ⭔ Flurina Badel & Jérémie Sarbach, Nino Baumgartner, Tomas Baumgartner, Caroline Baur, Flurina Casty, Christoph Eisenring, Othmar Farré, Lea-Nina Fischer, Gregory Hari, Emil Michael Klein, Sonja Lippuner, Aurélie Strumans, Kaspar Wolfensberger ⭔ 6.7.–29.9.2019

Die Ausstellung Zur frohen Aussicht fand 2019 zum dritten Mal statt. Sie hat sich seit 2015 zu einer lebendigen Plattform für das jüngere Schweizer Kunstschaffen in den Walliser Bergen entwickelt. Der Fokus der Zur frohen Aussicht liegt in der Auseinandersetzung mit dem Bergdorf Ernen. Die Kunstschaffenden reagieren aus ihrer Praxis und ihrem Interesse heraus auf das Dorf. Unter denselben Vorzeichen wurden zwei Autor*innen – Caroline Baur und Kaspar Wolfensberger – eingeladen, Texte für die zur Ausstellung erscheinende Publikation zu verfassen. Die Arbeiten entstanden ausgehend von einem gemeinsamen Wochenende in Ernen, an einem von den Künstler*innen selbst gewählten Ort im Dorf oder in unmittelbarer Nähe von dörflichen Strukturen.

Flurina Badel & Jérémie Sarbach, Nino Baumgartner, Flurina Casty und Gregory Hari entwickelten ortsspezifische Performances, die im Rahmen des Begleitprogramms am zu sehen waren.

Sonja Lippuner richtet in einem kleinen denkmalgeschützten Speicher am Dorfrand mit farbigen Textilzeichnungen die Installation Leere Dichte ein. Die abstrakten Zeichnungen auf einem robusten und leichten Stoff thematisieren Dichte und Leere auf verschiedenen Ebenen, etwa auf der architektonisch-räumlichen Kontext des Dorfs, wenn die organische Dichte des Dorfkerns gegen die Ränder hin langsam ausfranst und schliesslich in Leere übergeht.

Lea-Nina Fischer nimmt in ihrer Arbeit umzonen das Mass des Quadratmeters als Grösse, um Definitionen von öffentlichem und privatem Besitz und Raum anhand von Bodenbeschaffenheit und     -gestaltung zu untersuchen. Sie bedruckt 1m2-Stücke Asphalt-Klebefolie mit verschiedenen Boden-collagen und appliziert diese auf dem Boden des Dorfplatzes. Die im Titel der Arbeit zitierte Umzonung lässt Fragen nach Ortsbild- und Landschaftsschutz sowie politischen Entscheidungen und deren Verquickung mit ökonomischen und sozialen Fragen anklingen.

Auf das unterhalb des Bodens Liegende verweist Tomas Baumgartner mit einer Skulptur aus Beton, die er am Rande eines landwirtschaftlich genutzten Feldes ein wenig in den Boden versenkt. Die Skulptur Taucher ist die Weiterführung einer Serie, die in Anlehnung an uns wohlbekannte bauliche und archi-tektonische Formen vom Unsichtbaren und Imaginierten erzählen. Das nicht sichtbare, aber hörbare Plätschern einer Wasserleite in der Nähe verstärkt diesen Effekt.

Othmar Farré richtet im Kaplaneihaus unter dem Titel Den Umständen entsprechend das Atelier eines Artist in Residence ein. Die Spuren des abwesenden Künstlers – Rubellos-Videos, blau übermalte Fotodrucke von Michael Schumacher und persönliche Gegenstände – zeugen von einer ins Tragi-komische überzeichneten Existenz zwischen künstlerischer Produktion und Freizeit, Stillstand und Prozess, Vermarktung und prekärem Milieu.

In der Hauskapelle des Kaplaneihauses installiert Emil Michael Klein einen üppigen Samtvorhang. Der Maler benutzt den Stoff wie Farbe und der Vorhang wirkt wie ein Gemälde. An diesem sakralen Ort innerhalb des ehemaligen Wohngebäudes für Hilfsgeistliche, tritt der Vorhang in eine spannungsvolle Beziehung zur christlichen Malerei im Gewölbe. Im selben Gebäude installiert der gelernte Holzbild-hauer Klein einen Affenkopf, den er mit 16 Jahren geschnitzt hat.

In Aurélie Strumans Arbeit Allitérer, reflet affleurer spielen Steine, Repetition und Kopie, Geschichten über eine mögliche Zukunft und Naturereignisse eine Rolle. Sie erstellt fünf Repliken eines Steins, die wie Störimpulse im Dorf immer wieder auftauchen und als Glitches die Realität infiltrieren. Die Steine werden mit Lautsprechern bestückt und in der Nähe verschiedener Bänke platziert, wo sie Geschichten über Vergangenes und Zukünftiges erzählen.

Auf gewohnt poetische Art und Weise deutet Christoph Eisenring an drei Gebäuden Türen an. Anhand von Ein- und Ausgängen zur Kirche, zum Zendenrathaus und zu einem Stadel thematisiert er Über-gänge auf weltlicher wie transzendenter Ebene. Beim Rathaus ist das Aluminiumblech mit nacht-leuchtender Farbe lackiert. Die Konstruktion lässt einen nachts glauben, eine Tür sei einen Spalt offen geblieben.

www.zurfrohenaussicht.org